Zucker-Analytik gestern und heute
Wenn man im allgemeinen Sprachgebrauch über Zucker spricht, so ist vielfach das süßende Handelsprodukt Saccharose gemeint. Aus wissenschaftlicher Sicht sind Zucker jedoch eine Klasse organischer Verbindungen, die wegen ihrer allgemeinen Summenformel Cn(H
Kurzer Blick in die Historie der Zuckeranalytik
Bereits im Jahr 1848 veröffentlichte der gelernte Apotheker und studierte Naturwissenschaftler Hermann Christian von Fehling (1811–1885) eine Arbeit über die „Quantitative Bestimmung des Zuckers im Harn“. Eine einfach durchführbare Methode machte es möglich den Zuckergehalt in Lösungen, insbesondere im Harn von Diabetespatienten, zu bestimmen. Der Begriff der Fehling’schen Lösung hat Fehlings Namen bis in die heutige Zeit geprägt. Die Prüflösung besteht aus einer Komplexlösung mit Kupfer(II)-Ionen in typisch blauer Färbung, die sich durch Zugabe von zuckerhaltigen Lösungen zu einwertigen Ionen reduzieren lassen. Diese Reduktion wird durch einen Farbumschlag deutlich. Die Kupfer(I)-Ionen werden nicht mehr im Komplex stabilisiert, sondern fallen als rotbrauner Niederschlag aus der Lösung aus. Über eine von Fehling empirisch ermittelte Eichtabelle konnte anhand des Prüflösungsverbrauchs auf den Zuckergehalt geschlossen werden.
Heute weiß man, dass kein linearer Zusammenhang zwischen dem Verbrauch an Kupfer(II)-Lösung und der Zuckerkonzentration besteht, die Fehling’sche Probe wird allerdings noch immer als qualitativer Zuckernachweis angewandt.
Damals wie heute ist das sog. Reduktionsvermögen vieler Zucker auf Schwermetalle (meist Kupfer) eine fundamentale Eigenschaft, die man sich in der Analytik zunutze macht. Unter der Bezeichnung „reduzierender Zucker“ werden Mono- und Disaccharide verstanden, bei denen einer ihrer Saccharidbausteine in Halbacetalstruktur vorliegt (z. B. Glucose, Fructose, Lactose, Maltose etc.). Dagegen ist beispielsweise Saccharose ein sog. Vollacetal und weist keine reduzierende Wirkung auf. Zur Analyse nicht reduzierender Zucker müssen diese in der Regel erst durch sog. Inversion mittels saurer oder enzymatischer Hydrolyse in reduzierende Verbindungen gespalten werden.
Die reduktometrische Zuckerbestimmung nach Luff-Schoorl beruht auf einem ähnlichen Prinzip wie die Fehling’sche Probe. Die Probelösung wird hierbei nach Zugabe einer Kupfer(II)-Lösung unter standardisierten Bedingungen gekocht, wobei Kupfer(II) teilweise zu Kupfer(I) reduziert wird. Der Überschuss an Kupfer(II) wird iodometrisch bestimmt. Aus einer Tabelle kann dann der Zuckergehalt abgelesen werden.
Neben den reduktometrischen Bestimmungsmethoden kommt der enzymatischen Zuckeranalytik (UV-Tests) eine große Bedeutung zu, da sich diese durch ein hohes Maß an Spezifität auszeichnen. Ein weiterer Vorteil der Enzymatik liegt in der hohen Messgenauigkeit und der Möglichkeit, verschiedene Zucker (z. B. Glucose, Fructose und Mannose) nebeneinander zu bestimmen. Die Umsetzung der Zucker durch entsprechende selektive Enzyme wird photometrisch analysiert und ausgewertet.
Insbesondere für die quantitative Bestimmung von Saccharose kommt die sog. Polarimetrie zum Einsatz. Hierunter versteht man eine Methode zur Reinheitsprüfung und zur quantitativen Bestimmung von Lösungen optisch aktiver Stoffe. Das Messprinzip besteht darin, dass derartige Lösungen die Ebene des polarisierten Lichts in Abhängigkeit ihrer Konzentration um einen bestimmten Betrag drehen. Der Drehwinkel einer saccharosehaltigen Lösung wird vor und nach der Inversion polarimetrisch bestimmt. Die Differenz zwischen beiden Drehwerten ergibt den Saccharosegehalt. Dieses Verfahren liefert insbesondere im Bereich der Schokoladenanalytik sehr exakte Messwerte.
In der modernen Analytik werden Zucker heute häufig mittels chromatographischer Analysenmethoden wie beispielsweise Dünnschichtchromatographie (DC), Gaschromatographie (GC) (siehe LCI-Focus 05.2006: Verfahren in der Lebensmittelanalytik-Gaschromatographie) und Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) bestimmt. Hierbei handelt es sich um physikalisch-chemische Trennverfahren, die insbesondere dort zur Anwendung kommen, wo Gemische mehrerer Zucker zu trennen sind. Im zweiten Schritt erfolgt dann die Detektion der getrennten Substanzen. Da es sich bei den Zuckerstoffen um stark polare Verbindungen handelt, ist zur quantitativen Bestimmung mit chromatographischen Verfahren die HPLC an Umkehr-Phasen üblicherweise die Methode der Wahl. Im LCI kommt dagegen als Spezialverfahren vor allem die gaschromatographische Zuckerbestimmung zum Einsatz. Hierbei werden die Zucker zunächst in Oxime derivatisiert und anschließend zu flüchtigen Trimethylsilylethern umgesetzt. Mit dieser Methode lassen sich 11 verschieden Zucker (und Zuckeralkohole) trennen und mit hoher Empfindlichkeit quantifizieren.
SÜSSWAREN (2006) Heft 10
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