Was sind eigentlich Polyphenole?



Polyphenole gehören zu den Sekundärstoffwechselmetaboliten der Pflanzen und kommen überwiegend in den entsprechenden Randschichten der Pflanzen (z. B. der Haut und der Schale) vor. Im Sekundärstoffwechsel erfolgt die Biosynthese von Verbindungen, die für Or-ganismen zum unmittelbaren Überleben einer einzelnen Pflanzenzelle nicht unbedingt not-wendig sind. Im Gegensatz dazu erfolgt im Primärstoffwechsel der Auf- und Abbau von Fet-ten, Kohlenhydraten und Proteinen, also der Stoffwechsel der Energiegewinnung.

Bis heute konnten mehr als 20 000 Verbindungen isoliert werden, die dem Sekundärstoff-wechsel angehören, mehrere tausend davon sind Phenole. Untersucht man den Anteil der Sekundärmetabolite in der Pflanze, so muss man feststellen, dass sie nur wenige Prozent des Trockengewichtes ausmachen, sie jedoch ca. 90% der Stoffvielfalt ausmachen.

Schon allein die Gruppe der Pflanzenphenole ist äußerst vielfältig. Viele der bunten Blüten-farbstoffe sind Pflanzenphenole, dadurch locken sie z. B. Insekten zur Bestäubung an. Viele Verbindungen dienen auch als Abwehrstoffe gegen Schädlinge; Krankheiten und vieles mehr. Eine der wichtigsten Aufgaben beruht aber auf ihre antioxidative Wirkung. Da die Pflanzenphenole, wie oben erwähnt, überwiegend in den Randschichten lokalisiert sind, können sie die Pflanze vor aggressiven Singulettsauerstoffmolekülen schützen.

Chemie, Einteilung und Vorkommen der Polyphenole

Durch die Vielfältigkeit der Pflanzenphenole ergeben sich sowohl strukturelle als auch chemische Unterschiede. Allen gemeinsam ist ein aromatisches Grundgerüst, an das OH-Gruppen, so genannte Hydroxylgruppen, kondensiert sind. Die Anzahl der Ringe und die Positionen der OH-Gruppen können variieren, darin liegt ihre Vielfältigkeit begründet.

Hier soll nur eine der wichtigsten Klassen aus den Polyphenolen, die Flavonoide vorgestellt werden. Diese Gruppe ist am häufigsten im Pflanzenreich vertreten. Bis heute sind ca. 4000–5000 verschiedene Strukturen bekannt. Die Bezeichnung Flavonoide leiten sich vom lat. flavus (d. h. gelb) ab, da viele Verbindungen dieser Gruppe gelb sind; aber auch violette, rote, blaue etc. Vertreter kommen vor.

Das Grundgerüst der Flavonoide besteht aus 15 Kohlenstoffatomen, die zu 3 Ringen ver-knüpft sind. Meist liegen sie nicht frei in der Pflanze vor, sondern sind mit Kohlenhydraten wie Glucose, Galactose, Rhamnose oder Xylose verknüpft; man spricht dann von einer gly-cosidischen Bindung. Da auch diese Gruppe fast unzählige Verbindungen umfasst, hat man eine weitere Unterteilung vorgenommen. Weiter unterteilt wird je nach Art und Weise wie die Ringe hydroxyliert sind.

Eine dieser Untergruppen nennt man Flavanole (siehe Abbildung), zu ihnen gehören die Ca-techine, Epicatechine, Gallocatechine und Epigallocatechine. Diese Gruppe wird oft auch einfach als Catechine bezeichnet. Man findet sie meist in unfermentiertem Tee und Kakao. Durch Zusammenlagerung oder durch Reaktionen mit anderen Polyphenolen, wie z.B. Gal-lussäure können daraus sog. Gerbstoffe entstehen. Diese tragen u. a zum adstingierenden Geschmack eines Lebensmittels bei. Je mehr Catechine sich zusammenlagern, desto stärker sind die dadurch entstehenden Gerbstoffeigenschaften.

Die „farbenfroheste“ Untergruppe unter den Flavonoiden sind die Anthocyanidine (Aglucon der Anthocyane). Diese Bezeichnung (von griech.: anthos = Blüte u. kyanos = blau) steht für eine Gruppe von chemisch verwandten, in der Pflanzenwelt sehr verbreiteten blauen, violetten und roten Farbstoffen, die im Zellsaft von Blüten und Früchten, gelegentlich auch von Blättern der Pflanzen, gelöst sind und die für diese charakteristischen Färbungen hervorrufen. Heute sind mehr als 100 natürliche Anthocyane isoliert und strukturell aufgeklärt. Sie sind für die typischen Färbungen von z. B. blauen Weintrauben, Kirschen, Pflaumen, Mohn, Preiselbeeren etc. verantwortlich.

Zuletzt sollten noch die Flavanone und die Flavonole erwähnt werden. Flavanone sind die Polyphenole der Citrusfrüchte (Vertreter: Naringenin, Hesperidin, Citrifoliol). Die Flavonole stellen zweifellos die größte und am weitesten verbreitete Gruppe unter den Flavonoiden da. Man findet sie hauptsächlich in Gemüse, Tee, Tabak und Kartoffeln. Die wichtigsten Vertreter dieser Gruppe sind Myricetin (z. B. in Schwarzen Johannisbeeren) und Quercetin (z. B. in Stiefmütterchenblüten u. v. a. Pflanzen).

Der Mensch und Polyphenole

Inzwischen ist wissenschaftlich belegt, dass Polyphenole sich in vielfältiger Art und Weise positiv auf den menschlichen Organismus auswirken. Hierzu und zum Vorkommen von Polyphenolen in Kakao später mehr.

SÜSSWAREN (2003) Heft 9

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