Vortäuschen höherer Eiweißgehalte: Grenzen der Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Bei der sog. Kjeldahl´schen Stickstoffbestimmung handelt es sich um eine von Johan Kjeldahl entwickelte Methode zur quantitativen Stickstoffbestimmung. Der hierbei ermittelte Stickstoffgehalt gilt als Summenparameter, aus dem sich der Eiweißgehalt eines Lebensmittels ableiten lässt.

Zur Historie




Johan Kjeldahl wurde 1849 in Jægerspris, Insel Seeland, in Dänemark geboren und studierte von 1867-1873 in Kopenhagen angewandte Naturwissenschaften. Er arbeitete als Leiter der Abteilung Chemie im Laboratorium der noch heute produzierenden Brauerei Carlsberg. In den Jahren 1881-1883 entwickelte Kjeldahl ein Verfahren zur Stickstoffbestimmung, um die Eiweißbildung bei der Keimung von Pflanzensamen zu untersuchen und um im Rahmen des Brauprozesses den Eiweißgehalt von Getreide bestimmen zu können. 1883 veröffentlichte er seine Forschungsergebnisse in der "Zeitschrift für Analytische Chemie".

Zum Reaktionsmechanismus

Die drei grundlegenden Schritte der Stickstoffbestimmung sind 1) Aufschluss des Probenmaterials, 2) Destillation der aufgeschlossenen Probe und 3) Titration.

Zu 1. Um die Proteine oxidativ aufzuschließen, wird das Probenmaterial zunächst in einem Kolben mit konzentrierter Schwefelsäure und einem Katalysatorgemisch erhitzt. Hierdurch wird der proteingebundene Stickstoff freigesetzt und in Ammoniumsulfat überführt.

Zu 2. Zur aufgeschlossenen Probe wird Lauge gegeben, wodurch die Ammoniumionen in gasförmigen Ammoniak umgewandelt werden.




Mit Hilfe einer Wasserdampfdestillation wird das freigesetzte Ammoniak nun in eine borsäurehaltige Vorlage übergetrieben und schließlich (zu 3.) mit Salzsäure-Maßlösung titrimetrisch bestimmt.




Zur Berechnung des Proteingehaltes

Der Stickstoffgehalt der aus Aminosäuren aufgebauten Proteine schwankt in relativ engen Grenzen (15-18%, durchschnittlich 16%). Aus diesem Grund wird zur Erfassung des Gesamtproteingehalts in der analytischen Praxis zunächst der Stickstoffgehalt bestimmt, der anschließend, unter Berücksichtigung eines Faktors (Näherungswert: 6,25), auf den Proteingehalt umgerechnet werden kann.

Die Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl gilt als ein präzises und reproduzierbares Standardverfahren, ist jedoch für die Bestimmung des Eiweißgehaltes in Lebensmitteln eher unspezifisch. Die Grenzen diese Verfahrens zeigt beispielsweise die illegale Streckung von Milchpulver in China mit Melamin zur Vortäuschung eines höheren Proteingehaltes. Melamin ist eine Industriechemikalie, die sich aufgrund ihrer Triaminotriazin-Struktur durch einen sehr hohen Stickstoffanteil im Molekül von etwa 67% auszeichnet (vergleiche hierzu auch LCI-Focus 09/2007 "Melamin-Industrieller Rohstoff und Stickstoffquelle"). Somit führt bei Anwendung der Kjeldahl-Bestimmungsmethode ein Melaminzusatz zu einem scheinbaren, vierfach höheren Proteingehalt je Gramm zugesetzten Melamins als echtes Reinprotein.

SÜSSWAREN (2008) Heft 11

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