Zukünftig in der EU-Kontaminanten-Verordnung? Die Mykotoxine T-2 und HT-2

Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die gesundheitsschädliche Folgen für Mensch und Tier haben können. Die phytopathogenen Pilze der Gattung Fusarium zählen zu den „Feldpilzen“, d.h. sie infizieren Getreide bereits auf dem Feld. Die Sporenübertragung erfolgt durch Wind, Wasserspritzer oder durch Kontakt mit bereits befallenen Pflanzenteilen (vergleiche hierzu auch LCI-Focus „Was sind eigentlich Fusarien-Toxine“, süsswaren Heft 9/2005). Fusarium-Arten sind ubiquitär vorhanden, kommen jedoch überwiegend in Zonen gemäßigten Klimas vor. Neben Temperaturen von 12-19°C wird zum optimalen Wachstum eine ausreichende Feuchtigkeit benötigt. Häufig nachweisbar sind die von Fusarien-Arten gebildeten Toxine in Mais, Hafer, Weizen und den daraus hergestellten Produkten.

Fusarien-Befall führt zu verringerter Getreidequalität und reduzierten Ernteerträgen, wodurch hohe ökonomische Verluste verursacht werden können. Neben diesen wirtschaftlichen Aspekten spielen die toxikologischen Wirkungen der Fusarien-Toxine eine entscheidende Rolle. Infiziertes Getreide, das als Futtermittel verwendet wird, schädigt die Tiergesundheit. Ein sogenannter Carry-Over, also die Übertragung des Toxins von Futtermitteln auf Lebensmittel wie Milch, Eier und Fleisch, kann gesundheitliche Beeinträchtigungen des Menschen bewirken.



Unterschieden werden Fusarien-Toxine anhand ihrer chemischen Struktur in zwei Gruppen – die Trichothecene und die Fumonisine – sowie in vier weitere Einzelsubstanzen (Zearalenon, Fusarin C, Fusarinsäure und Moniliformin). Die Gruppe der Trichothecene umfasst ca. 170 Mykotoxine. Ihr gemeinsames strukturelles Merkmal ist ein Sesquiterpen mit tetrazyklischem Epoxyring. Trichothecene weisen eine hohe chemische und physikalische Stabilität auf und gelangen so – auch nach intensiven Verarbeitungsprozessen – in Futter- und Nahrungsmittel. Ferner lassen sich Trichothecene in vier Untergruppen – die sog. Subtypen A-D – unterteilen, wobei insbesondere Typ A und B von toxikologischer Relevanz sind. Bei den vom Typ A gebildeten Mykotoxinen handelt es sich um das T-2-Toxin (s. Abbildung) sowie dessen Hauptmetaboliten HT-2-Toxin. Gebildet werden sie von bestimmten Schimmelpilzen der Arten F. langsethiae, F. acuminatum, F. poae, F. equiseti und F. sporotrichioides. Die beiden wichtigsten Toxine des Typs B sind Desoxynivalenol (DON) und Nivalenol.
T-2-Toxin gilt als hautirritierend, brechreizfördernd, immunsuppressiv und nekrotisierend eingestuft. Im Vergleich zu den Typ B-Trichotecenen verfügen T-2- und HT-2-Toxin über ein deutlich ausgeprägteres toxikologisches Potential. In 2011 wurde von der EFSA ein kombinierter TDI-Wert (Tolerable daily intake) von 100 ng/kg Körpergewicht festgelegt. Dieser Wert liegt deutlich unter dem der übrigen Trichothecene. Bisher gibt es in der EU keine gesetzlichen Höchstwerte für T-2-/HT-2-Toxine, jedoch schon seit Jahren in wissenschaftlichen Workshops über diese Stoffgruppe diskutiert.

Um diese gesetzliche Lücke zu schließen – sowie aufgrund der ausgeprägten von Jahr zu Jahr schwankenden Belastungen von Getreideerzeugnissen mit T-2-/HT-2-Toxinen – laufen derzeit EU-weit Studien zur Analytik und zum Vorkommen dieser Toxine insbesondere bei Getreide, Getreideerzeugnissen sowie in Hafer und Hafererzeugnissen. Aus diesen Studien sollen genauere Informationen bezüglich der Einflussfaktoren zur Bildung und zur Vermeidung einer Kontamination mit T2-/HT-2-Toxinen gewonnen werden. Die EFSA hat ferner eine Datenbank mit fast 3.000 T-2/HT-2-Datensätzen angelegt. Auf der Basis dieser Datenbank wurden kürzlich von der EU Kommission sog. Benchmark Levels für bestimmte Getreideerzeugnisse festgelegt. Diese Levels haben keinen Höchstwertcharakter, sondern sollen vielmehr die Getreidehersteller /-verarbeiter – bei Überschreitung dieser Benchmarks – zu tiefergehenden Untersuchungen bzw. weiterreichenden Ursachenforschungen motivieren.

Die Analytik von T-2-/HT-2-Toxinen gilt als komplex und schwierig. So muss zur gaschromatographischen Bestimmung zunächst eine Derivatisierung durchgeführt werden. Anschließend erfolgt der Nachweis mittels Massenspektrometer, Elektroneinfang- oder Flammenionisations-Detektor. Validere Ergebnisse bringt die Analytik mit HPLC-FLD. Die Mykotoxine werden im Rahmen der Extraktion mittels Immunoaffinitätssäulen (IAC) selektiv isoliert sowie aufkonzentriert und im Anschluss derivatisiert. Ein komplexes Gradientenprogramm ist nötig, um die Toxine aus einer Getreidematrix zu trennen und anschließend mittels Fluoreszenz-Detektor zu bestimmen. Die Kopplung einer HPLC mit einem Massenspektrometer (MS) bzw. Tandem-MS ermöglicht eine höhere Selektivität der Messergebnisse sowie den Nachweis aller Trichothecene nebeneinander. Im Gegensatz zur GC-/HPLC-FLD-Methode ist hier keine Derivatisierung nötig und je nach Empfindlichkeit der Mess-Methodik auch die kostspielige IAC-Isolierung verzichtbar.

Aktuell arbeitet auch das LCI an der Etablierung einer Analysenmethode für die Bestimmung von T-2-/HT-2-Toxinen mittels LC-MS/MS.


SÜSSWAREN (2013) Heft 1

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