Bestimmung der Steviolglycoside
Was ist Stevia?Bereits seit Dezember 2011 gibt es einen neuen, in der EU zugelassenen Süßstoff: Stevia. Doch was ist das eigentlich?
Unter Stevia versteht man die süßenden Inhaltsstoffe, die natürlicherweise in der Pflanze „Stevia rebaudiana“ gebildet werden. Diese Pflanze stammt ursprünglich aus Südamerika und wird dort schon seit vielen Jahrhunderten von der indigenen Bevölkerung Paraguays und Brasiliens zum Süßen ihres Maté-Tees verwendet. 1887 wurde die Pflanze von dem Schweizer Botaniker Moises Bertoni entdeckt, welcher auch 1899 die erste botanische Einordnung verfasste. Am besten wächst die Pflanze unter tropischen Anbaubedingungen und da sie nicht frosthart ist, kann sie hier zu Lande nur einjährig oder in Gewächshäusern kultiviert werden.
Was macht die Pflanze so süß?
In den Blättern der Pflanze werden die süßenden Inhaltsstoffe, die sogenannten Steviolglycoside biosynthetisiert. Sie können je nach Anbauart und -bedingungen bis zu 20% des Trockengewichts der Blätter ausmachen. Für den süßen Geschmack ist aber nicht nur eine Substanz, sondern eine Vielzahl dieser sekundären Stoffwechselprodukte verantwortlich. Gemeinsam haben alle das Aglykon (Nicht-Zucker-Komponente) Steviol, ein Diterpenalkohol. Sie unterscheiden sich lediglich durch die Verknüpfung mit verschiedenen Zucker-Bausteinen. Die Zucker-Bausteine erhöhen auch die Löslichkeit des Moleküls, sodass ein Transport innerhalb der Pflanze möglich ist. Das mengenmäßig wichtigste Steviolglycosid ist das Steviosid (4-13%, w/w), gefolgt von Rebaudiosid A (2-4%, w/w). Diese beiden Verbindungen machen über 90% des Gesamt-Steviolglycosidgehalts aus, allerdings hat Rebaudiosid A im Gegensatz zu Steviosid keinen bitteren, lakritzartigen Nachgeschmack. Andere Steviolglycoside sind Dulcosid A sowie Rebaudiosid B, C, D, E und F. Sie alle sind in einem weiten pH-Bereich und beim Erhitzen stabil und so als Zuckerersatz für Erfrischungsgetränke und Backwaren geeignet.
Zulassung von Stevia in der EU
Die Zulassung von Stevia erstreckte sich insgesamt über 14 Jahre. 1997 wurde der erste Antrag für die Zulassung der Pflanze sowie der aus ihr gewonnenen Erzeugnissen gestellt. Eine Zulassung war notwendig, weil diese „vor dem Stichtag in noch nicht nennenswertem Umfang im Handel“ waren und somit in den Geltungsrahmen der Novel-Food-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 258/97) fallen. Da aber aufgrund unzureichender Datenmenge die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Stevia für den Verbraucher nicht bestätigt werden konnte, wurde die Zulassung im Februar 2000 mit der Entscheidung 2000/196/EG der Europäischen Kommission abgelehnt. 2007 wurde erneut ein Antrag bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eingereicht, welche im April 2010 zu einer positiven Bewertung des Süßstoffs kam. Das bedeutet, für den Verbraucher konnten keine toxischen, cancerogenen oder ähnlich unerwünschte Wirkungen durch Steviolglycoside festgestellt werden, sodass ein ADI-Wert von 4 mg Stevioläquivalente/kg Körpergwicht/Tag formuliert wurde. Der Begriff ADI steht für „acceptable daily intake“ und stellt die Menge einer Substanz dar, die ein Leben lang aufgenommen werden darf, ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten zu müssen. Am 11. November 2011 wurde schließlich die „Verordnung zur Zulassung von Steviolglycosiden als Süßungsmittel“ (Verordnung (EU) Nr. 1131/2011) erlassen, entsprechend der seit dem 2. Dezember 2011 – unter gewissen Anforderungen bezüglich Reinheit, Zusammensetzung und Höchstmenge – Steviolglycoside als Süßstoff in der gesamten EU verwendet werden dürfen. Mittlerweile gibt es schon eine Vielzahl an Lebensmitteln wie z.B. Bonbons, Erfrischungsgetränke, Schokoladen u. a. die den neuen Süßstoff – meist in Kombination mit anderen Süßungsmitteln oder Zucker – enthalten. Zu erkennen ist ein Zusatz von Steviolglycosiden unter der Bezeichnung „E 960“ im Zutatenverzeichnis.
Analytik von Steviolglycosiden
Aufgrund der oben beschriebenen Zulassungsbeschränkungen für Steviolglycoside in Lebensmitteln, ist die Analytik dieser Substanzen von großer Bedeutung. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit wurde kürzlich im LCI eine HPLC-UV-Methode entwickelt und validiert, mit der der Gehalt und die Zusammensetzung der Steviolglycoside in Süßwaren bestimmt werden kann (s. Abb.: Chromatogramm eines Standards mit neun Steviolgycosiden).
Die optimierte Probenaufarbeitung zur Bestimmung von Steviolglycosiden in Süßwaren erwies sich als robust und gut für die Routineanalytik geeignet. Die Quantifizierung der Analyten erfolgte mittels der Methode des externen Standards.
Fazit
Es ist im LCI gelungen, eine sehr sensitive, praxistaugliche HPLC-UV-Methode zur Bestimmung von Steviolglycosiden in Süßwaren zu entwickeln. Diese ermöglicht es, die verschiedenen Steviolglycoside selektiv, schnell und robust zu erfassen. Somit wird es in Zukunft möglich sein, die durch die EU gestellten Anforderungen bezüglich Reinheit und Zusammensetzung der Steviolglycoside in Süßwaren in unserem Schwesterinstitut, dem Institut für Qualitätssicherung in der Süßwarenwirtschaft e.V., IQ.Köln, (Kontakt: iq-koeln@iq-koeln.de) zu überprüfen.
SÜSSWAREN (2013) Heft 3
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