Schwermetall Cadmium - Wissenswertes zur toxikologischen Neubewertung



Historie

Anders als viele andere Schwermetalle - wie z.B. Blei (Entdeckung ca. 2500 Jahre vor Chr.) und Quecksilber (Entdeckung ca. 1500 Jahre vor Chr.) - wurde Cadmium erst relativ spät entdeckt. Im Jahre 1817 entdeckten der deutsche Chemiker Friedrich Stromeyer (1776-1835) und der deutsche Apotheker Carl Samuel Hermann (1765-1846) fast zeitgleich aber unabhängig voneinander Cadmium (lat. cadmia, griech. kadmeia für Zinkspat) in verunreinigtem Zinkcarbonat. Annähernd 100 Jahre wurde das Metall nur in Deutschland gewonnen. Eine industrielle Anwendung für Cadmium findet sich bereits um das Jahr 1850, z. B. in den von Vincent van Goghs verwendeten, Cadmiumsulfit enthaltenden, gelben Farbpigmente. Im frühen 20. Jahrhundert konzipierte Thomas A. Edison die erste Nickel-Cadmium-Batterie.

Cadmium gehört zu den chemischen Elementen der 2. Nebengruppe (Zinkgruppe) und der 5. Periode des Periodensystems (Ordnungszahl 48). Es ist ein silberweißes, glänzendes und relativ weiches Schwermetall, das einen verhältnismäßig niedrigen Schmelz- (320,9 °C) und Siedepunkt (767,3 °C) hat. Cadmium kann leicht mit einem Messer angeschnitten und zu dünnen Blechen und Drähten gewalzt werden. Des Weiteren leitet das Metall sowohl Wärme als auch elektrischen Strom gut und ist unterhalb einer Temperatur von -272,63°C supraleitend. Cadmium hat eine Dichte von 8,65 g/cm³ und eine relative Atommasse von 112,41 u. Am häufigsten sind Verbindungen der Oxidationsstufe +2. Die meisten anorganischen Cadmiumverbindungen sind gut wasserlöslich, andere eher schlecht oder sogar gar nicht wasserlöslich.

Vorkommen

Cadmium ist ein natürliches und ubiquitäres Element der Erdkruste, in der es je nach Gesteinsart mit einer Konzentration von 0,1 - 0,2 mg/kg vorkommt und deshalb zu den eher seltenen Elementen zählt. In bedeutend höheren Konzentrationen ist es in zinkführenden Gesteinen und Erzen enthalten. Cadmium kommt in der Natur nicht in elementarer Form, sondern als Cadmiumoxid, -chlorid, -sulfat oder -sulfit und in biologischem Material in proteingebundener Form als Metallothionein vor.

Neben dem natürlichen Vorkommen findet ein anthropogener Cadmium-Eintrag in die Umwelt statt, was dazu führt, dass Cadmium, wenn auch in geringen Mengen, unvermeidlich in unserer Umgebung anzutreffen ist. Der Eintrag in die Umwelt erfolgt durch die Verbrennung von Müll und fossilen Brennstoffen, sowie durch Emission in die Luft bei der Metallverhüttung. Die Haupteintragsquelle stellt jedoch die Düngung der Böden mit kontaminierten Düngemitteln dar. In Gewässer gelangt Cadmium durch geochemische Vorkommen, Niederschlagswasser aus Regenrinnen deren Zink-Überzug Cadmium enthält, sowie durch Sickerwasser aus Mülldeponien.

Cadmium in Lebensmitteln

Cadmium ist aufgrund seines ubiquitären Vorkommens in Böden sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln vorhanden. Die bevorzugten pflanzlichen Anreicherungsorgane sind die Blätter gefolgt von den Stängeln und der Wurzel. Einen besonders hohen Cadmiumtransfer aus dem Boden in die Pflanze weisen Salat, Spinat, Sellerie, Grünkohl und Schwarzwurzel auf. Weiterhin enthalten Nüsse, Kerne, Samen, darunter auch Kakaobohnen, und Wildpilze erhöhte Gehalte an Cadmium. In Früchten ist die Anreicherung mit Cadmium sehr gering. Bei Lebensmitteln tierischer Herkunft resultieren die Cadmiumgehalte überwiegend aus der Cadmiumaufnahme über das Futtermittel. Die Hauptanreicherungsorgane im tierischen Organismus sind dabei Leber und Niere. Meeresfrüchte wie zum Beispiel Krebstiere und auch Muscheln sind im Gegensatz zu Fischen deutlich höher kontaminiert. Typische Cadmiumgehalte in Lebensmitteln liegen zwischen 0,003 (z.B. bei Milch) und 0,198 mg/kg (z.B. bei Innereien).

Bei Rauchern stellt die Inhalation von Tabakrauch eine wesentliche Expositionsquelle dar, da das im Tabak enthaltene Cadmium in der Glut teilweise verdampft und so in den Tabakrauch gelangt.


Toxikologie

Pflanzliche und tierische Lebensmittel stellen bei der nicht rauchenden Allgemeinbevölkerung den wichtigsten Aufnahmeweg für Cadmium dar, die Aufnahme mit dem Trinkwasser sowie über die Atemluft durch kontaminierte Fein- und Grobstäube sind im Allgemeinen vernachlässigbar gering. Etwa 5% des mit der Nahrung aufgenommenen Cadmiums wird im Darm resorbiert, wobei die inhalative Aufnahme von Cadmium bei Rauchern diesen Wert bei weitem übersteigt. Über den Blutkreislauf erreicht Cadmium dann die Hauptspeicherorgane Leber und Niere, wobei etwa 50 % der aufgenommenen Cd-Menge in den Nieren und etwa 20% in der Leber abgelagert werden.

Akut toxische Wirkungen sind sehr selten. So konnten bei Aufnahme von Cadmium über pflanzliche und tierische Lebensmittel bisher keine akuten Intoxikationen nachgewiesen werden.

Chronische Vergiftungen äußern sich insbesondere durch Nierenfunktionsstörungen (Nephropathie), Wirkungen auf das Gefäßsystem (Blutdruckerhöhung), Blutarmut (Anämie) sowie Wirkungen auf das Knochensystem (Knochenmarkschädigungen, Osteoporose). So wurde in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts durch die Bewässerung von Reisfeldern mit cadmiumhaltigen Abwässern aus dem Bergbau in Japan das Auftreten der sog. Itai-Itai-Krankheit (Aua-Aua-Krankheit) beobachtet, die vor allem bei älteren Frauen schmerzhafte Knochendeformationen und schwere Skelettveränderungen hervorrief. Resorbiertes Cadmium wird nur sehr langsam wieder ausgeschieden. So beträgt die biologische Halbwertszeit in der Leber etwa 5 - 10 Jahre, in den Nieren 10 - 30 Jahre. Dies führt dazu, dass die Anreicherung von Cadmium selbst bei nicht besonders exponierten Personen im Laufe ihres Lebens kontinuierlich ansteigen kann.

Cadmium und seine Verbindungen wurden durch die Internationale Agentur für Krebsforschung IARC (International Agency for Research on Cancer) ferner als krebserregend für den Menschen eingestuft.

Grenzwerte für Cadmium

In der EU werden Höchstgehalte für Cadmium in Lebensmitteln in der sog. Kontaminantenverordnung geregelt. Im Folgenden einige Beispiele für Höchstgehalte: 0,05 mg pro kg bei Obst und Gemüse; 0,20 mg je kg bei Blattgemüse, frischen Kräutern und Kulturpilzen; 0,10 mg je kg bei Getreide; 0,50 mg pro kg bei Krebstieren und 0,05 mg pro kg bei Fleisch. Trinkwasser darf laut Trinkwasserverordnung nicht mehr als 5 µg Cadmium pro Liter enthalten.

Die Aufnahmemenge an Cadmium, die bei lebenslanger Zufuhr weder zu Gesundheitsbeeinträchtigungen noch zu -schädigungen führt ("provisional tolerable weekly intake", PTWI), wurde bislang (und provisorisch) vom Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECVA) mit 7 µg/kg Körpergewicht/Woche angegeben. In einer aktuellen EFSA-Opinion (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) vom Januar dieses Jahres wurde unlängst mitgeteilt, dass aufgrund der Auswertung neuer Analysendaten der bisherige PTWI für Cadmium in einen (erniedrigten, nunmehr endgültigen) TWI (tolerable weekly intake) von 2,5 µg/kg Körpergewicht und Woche umgewandelt werde. Die Untersuchungen des CONTAM-Gremiums (Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette der EFSA) ergaben ferner, dass Vegetarier - die verhältnismäßig große Mengen an cadmiumhaltigen Lebensmitteln (z.B. Getreide, Nüsse, Ölsamen, Hülsenfrüchte) verzehren - Schätzungen zufolge eine durchschnittliche wöchentliche Exposition von bis zu 5,4 µg/kg Körpergewicht aufweisen können. Außerdem zählen Raucher zu den stark exponierten Personenkreisen.

Zur Neubewertung der Cadmiumexposition hat das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) am 07.07.09 ein Statusseminar durchgeführt. In diesem Seminar sprach das BfR die Forderung aus, so weit wie möglich Maßnahmen zur Reduzierung der Cadmiumgehalte in Lebensmitteln anzuwenden. Diskutiert wird darüber hinaus auf EU-Ebene darüber, für die bisher nicht geregelten Lebensmittel Höchstgehalte festzusetzen.

SÜSSWAREN (2009) Heft 7-8

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