Schnellmethoden: Was ist eigentlich NIR?



Bereits im Jahre 1800 entdeckte der Engländer Sir W. Henschel bei Untersuchungen über die Energieverteilung im Spektrum des Sonnenlichtes die Infrarotstrahlung (kurz: IR-Strahlung). Er konnte beweisen, dass IR-Strahlung denselben Gesetzen gehorcht wie sichtbares Licht.

Die IR-Spektroskopie bietet die Möglichkeit der zuverlässigen und umweltfreundlichen Ermittlung chemischer und physiochemischer Daten von Hauptinhaltsstoffen und Minorkomponenten in Lebensmitteln und hat sich zudem in den letzten
Jahren zunehmend als Schnellmethode etabliert.

Infrarotstrahlung

Genau wie Licht, Wärme und Röntgenstrahlung handelt es sich bei der Infrarotstrahlung um eine Strahlung, die sich in Form von elektromagnetischen Wellen gradlinig im Raum ausbreitet. Diese Strahlung wird zum einen durch die Wellenlänge, sprich dem Abstand zwischen zwei Punkten der Welle, zum anderen durch die Frequenz, also die Anzahl der Schwingungen pro Zeiteinheit, charakterisiert. Im gesamten elektromagnetischen Spektrum befindet sich die IR-Strahlung zwischen sichtbarem Licht und Mikrowellenstrahlung.

In der IR-Spektroskopie wird der Infrarotbereich in drei Bereiche untergliedert:

• NIR: Nahes Infrarot (nah bedeutet hier, der Wellenlänge des sichtbaren Lichtes 400–800 nm nahe) mit Wellenlängen zwischen 800–2.500 nm (1 nm = 10-9 m)
• MIR: Mittleres Infrarot mit Wellenlängen zwischen 2.500 bis 5.000 nm
• FIR: Fernes Infrarot mit Wellenlängen zwischen 5.000 bis 1.000.000 nm

Von der Schwingung...
IR-Strahlung kann Atome und Atomgruppen in Molekülen unter bestimmten Voraussetzungen zu Schwingungen anregen. Stellt man sich ein mehratomiges Molekül als eine Gruppierung von Massenpunkten (den Atomkernen) vor, die geometrisch in einer bestimmten Weise zueinander angeordnet sind und durch „Federn“ (Bindungen) in Gleichgewichtslagen gehalten werden, so können diese Bindungen durch Einwirkung von IR-Strahlen gestreckt oder gebogen werden.

Bei der NIR unterscheidet man vier grundsätzliche Schwingungsarten, die sich bei mehratomigen Molekülen nochmals in symmetrische und asymmetrische Schwingungen einteilen lassen. Vorzugsweise können hier so genannte Normalschwingungen entlang der Bindungsachse (Valenzschwingungen) und Deformationsschwingungen beobachtet werden (s. Abb.). Je nach der Richtung der durch die IR-Strahlung bewirkten Schwingung unterscheidet man bei den Deformationsschwingungen sogenannte Rocking-, Wagging- und Twistingschwingungen.

Sind im mittleren IR-Bereich fast ausnahmslos diese Grundschwingungen funktioneller Gruppen und Atomgruppierungen charakteristisch, beobachtet man im nahen IR-Bereich hingegen die Ober- und Kombinationsschwingungen der Grundschwingungen. Oberschwingungen kommen dadurch zustande, dass Moleküle von dem kurzwelligen, energiereichen NIR-Licht mehrere „Energieportionen“ gleichzeitig aufnehmen können. Kombinationsschwingungen treten auf, wenn ein Lichtquant zwei verschiedene Schwingungen gleichzeitig anregt.

...zum Spektrum
Wird nun auf ein Molekül IR-Energie eingestrahlt, die dem Energiegehalt einer bestimmten Schwingung entspricht, dann wird die entsprechende Schwingung ausgeführt und IR-Strahlung absorbiert. Diese Absorptionen können gemessen werden und führen im IR-Spektrum zu charakteristischen Banden, mit deren Hilfe sich das Molekül identifizieren lässt.

Im NIR handelt es sich bei den beobachteten Absorptionen um Ober- und Kombinationsschwingungen von z. B. C-H-, O-H-, und N-H-Gruppen. So ist es nicht verwunderlich, dass gerade die Hauptinhaltsstoffe von Lebensmitteln Fett, Kohlenhydrate und Proteine sowie Wasser, mit typischen Banden im NIR auftauchen und für eine simultane quantitative Bestimmung genutzt werden können. Zu dem genauen Messprinzip und weiteren Anwendungsmöglichkeiten der Nah-Infrarot-Spektroskopie in Kürze mehr.

SÜSSWAREN (2001) Heft 5

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