Polyphenole - Pflanzeninhaltsstoffe mit Wirkung

Polyphenole stellen eine große Gruppe von sog. sekundären Pflanzeninhaltsstoffen dar. Diese leiten sich chemisch von einem gemeinsamen phenolischen Grundgerüst ab und werden je nach Art ihrer Modifikationen in verschiedene Untergruppen, z. B. Catechine, Flavanole etc. unterteilt. Zunächst galten diese Sekundärstoffwechselmetaboliten als „Abfallprodukte“ des Pflanzenstoffwechsels, da ihnen keine Funktion im Grundstoffwechsel nachgewiesen werden konnte. Es zeigte sich jedoch, dass die historisch begründete Bezeichnung „sekundär“ recht unglücklich gewählt ist, da sie sich als durchaus nicht zweitrangig oder nebensächlich herausstellten. Heute weiß man, dass zumindest sehr vielen sekundären Pflanzeninhaltstoffen definierte Funktionen im Leben der Pflanze zukommen. Und auch für den Menschen rekrutieren sich aus dieser Stoffgruppe viele Substanzen mit äußerst positiver physiologischer Wirkung. Typische natürliche Polyphenol-Quellen sind Tee, Rotwein und Kakao, sowie viele Früchte, Gemüse und sogar Blüten (vergleiche hierzu LCI-Focus 09/03: „Was sind eigentlich Polyphenole?“ und LCI-Focus 10/03: „Polyphenole und Kakao“).

Wie wirken Polyphenole?

Eine wesentliche Eigenschaft der Polyphenole ist ihr ausgeprägtes antioxidatives Potential. Mit diesem sind sie in der Lage, sozusagen als Radikalfänger, sehr reaktive Verbindungen, wie sie z. B. durch UV-Stahlung entstehen können, abzufangen und für die Zelle unschädlich zu machen. Außerdem besitzen sie einen Vitamin C- und Vitamin E-sparenden Effekt, was auf Synergien der Polyphenole mit diesen antioxidativen Vitaminen zurückzuführen ist. Des Weiteren schützen Polyphenole vor der sog. Lipid (LDL)-Peroxidation. LDL (low density lipoproteins) sind Partikel im Blut, die besonders cholesterinreich sind und in oxidierter Form für die Entstehung von Herzinfarkt und Arteriosklerose verantwortlich sind. Der hohe Polyphenolgehalt von Rotwein (1400–3300 mg/l) wird in diesem Zusammenhang zur Begründung des sog. French Paradoxon herangezogen. Dieses beschreibt, dass Franzosen, die sich „mediterran“ ernähren, sehr viel seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, als US-Amerikaner, obwohl die wesentlichen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht etc. nicht seltener sind.
Epidemiologischen Studien zufolge verfügen Polyphenole außerdem über antikarzinogene Eigenschaften. Sie wirken demnach insbesondere senkend auf das Magen-, Dickdarm- und Brustkrebsrisiko. In in-vitro-Untersuchungen (im Reagenzglas) konnten über dies hinaus antimikrobielle, blutdrucksenkende und gerinnungshemmende Wirkungen der Polyphenole nachgewiesen werden.

Zur Ermittlung der Bioverfügbarkeit der Polyphenole werden derzeit zahlreiche in-vivo-Studien (an lebenden Organismen) durchgeführt. Man weiß jedoch schon jetzt, dass gewisse Polyphenol-Mengen nach dem Verzehr von z. B. Schokolade ins Blut gelangen und dort ihre positive Wirkung entfalten. Wie viel Schokolade man hierfür zu sich nehmen muss, ist noch nicht genau bekannt, aber man geht davon aus, dass, je nach Kakaogehalt, schon eine geringe Menge genügt.

Vielleicht wird demnächst aus ernährungsphysiologischer Sicht nicht nur ein Glas Rotwein empfohlen, sondern auch ein Stück Schokolade danach.

SÜSSWAREN (2003) Heft 11

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