Mikroplastik in Lebensmitteln – Vorkommen, Toxizität, Höchstgehalte, Analytik
A. Was ist Mikroplastik?Bisher gibt es in der verfügbaren Literatur keine einheitliche Definition für Mikroplastik. Unter dem Begriff Mikroplastik wird ein Gemisch aus kleinen Kunststoffpartikeln und -fasern mit unterschiedlicher Größe, Herkunft und chemischer Zusammensetzung zusammengefasst. Mikroplastik umfasst somit ein Stoffgemisch unterschiedlicher synthetischer Kunststoffe. Die Größenangaben der winzigen Kunststoffpartikel schwanken zwischen einem Mikrometer bis kleiner fünf Millimeter.
B. Wie entsteht Mikroplastik?
Grundsätzlich wird zwischen primären und sekundärem Mikroplastik unterschieden. Bei primärem Mikroplastik handelt es sich um industriell hergestellte Basispellets und -granulate in einer Größenordnung, die sowohl für verschiedene Plastikprodukte als auch in der Kosmetikindustrie eingesetzt werden. Sekundäres Mikroplastik entsteht aus größeren Kunststoffteilen durch chemisch-physikalische und biologische Zerfalls- und Verwitterungsprozesse. Durch Wellenbewegung und UV-Strahlung werden Kunststoffprodukte wie Plastiktüten und Plastikflaschen zu winzigen Plastikpartikeln zersetzt. Das sekundäre Mikroplastik, sozusagen die Zersetzungsprodukte aus Makroplastik, stellen nach aktuellem Wissensstand die Haupteintragsquelle dar.
Lange Zeit war Mikroplastik nur ein globales Umweltproblem, da der Plastikmüll sich in den Weltmeeren ansammelt und eine Gefahr für aquatische Tiere darstellt. Die winzigen Kunststoffpartikel werden mit Nahrung verwechselt und von Zooplankton aufgenommen. Dieses wird wiederum von Fischen verzehrt und reichert sich entlang der Nahrungskette an.
Inzwischen ist allerdings das öffentliche Bewusstsein gestiegen, weil der Übergang von Mikroplastik in die Nahrungskette diskutiert wird. Daher wird aus dem umweltrelevanten auch ein gesundheitliches Problem.
C. Woher kommt Mikroplastik?
Kunststoffprodukte sind aus dem Alltag nicht mehr weg zu denken. Die weltweite Produktion an Kunststoffen steigt exponentiell an, sodass immer mehr Kunststoffe in die Umwelt gelangen. Die Eintragsquellen von sekundärem Mikroplastik sind vielfältig. Zahlreiche Produkte werden in Plastik eingepackt, die Verpackungen, Flaschen und Einweg-Plastikartikel werden anschließend achtlos in der Umwelt entsorgt (Littering). Darüber hinaus werden viele Kleidungsstücke auf Basis synthetischer Kunststoffe, beispielsweise Polyester, Polyethylen oder Polyacryl, hergestellt. Mikroplastik wird während des Waschvorgangs aus kunststoffhaltigen Textilien freigesetzt und gelangt somit ins Abwasser. Auch der Abrieb von Reifen ist ein weiterer Eintragspfad von sekundärem Mikroplastik. Da die Plastikpolymere nur sehr langsam abgebaut werden, reichern sie sich in aquatischen und terrestrischen Ökosystemen an. Sie werden in den Weltmeeren verteilt, wo bereits einige sogenannte Plastikinseln entstanden sind.
Zudem werden Kunststoffpartikel bewusst hergestellt und gezielt in kosmetischen Mitteln wie Duschgels, Peelingprodukten, Zahnpasta sowie in Reinigungsmitteln aufgrund des mechanischen Reinigungseffekt eingesetzt. Dieses primäre Mikroplastik wird ins Abwasser eingetragen. Da die Kläranlagen nicht in der Lage sind, Mikroplastik vollständig zu entfernen, gelangen die Kunststoffpartikel in den Wasserkreislauf. Die Kunststoffteilchen sind schwer abbaubar und dadurch persistent.
D. Wie kommt Mikroplastik ins Lebensmittel?
Mikroplastik wird über verschiedene Eintragswege in die Umwelt eingebracht und kann grundsätzlich über Meer-, Süß- und Grundwasser bzw. über die Luft in die menschliche Nahrungskette gelangen, da Mikroplastik in marinen Organismen akkumuliert.
Dem BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) liegen derzeit keine gesicherten Daten vor, die das Vorkommen von Mikroplastik in Lebensmitteln bestätigen. Mikroplastik kann zwar teilweise oral mit der Nahrung, insbesondere durch den Verzehr von Fisch und Meeresfrüchten, aufgenommen werden. Da sich die meisten Untersuchungen auf den Magen-Darm-Trakt der Tiere beziehen, der allerdings nicht mit verzehrt wird, können keine exakten Rückschlüsse auf die Belastung der verzehrten Lebensmittel getroffen werden.
In der Vergangenheit wurden einige Berichte über das Vorhandensein von Mikroplastik in Honig, Bier und Mineralwasser veröffentlicht. Hierbei wurde allerdings die chemische Zusammensetzung der Partikel nicht näher untersucht. Aktuellen Untersuchungsergebnisse zeigen, dass neben dem Eintragsweg über marine Lebewesen auch eine direkte Aufnahme von Mikroplastik über die Ernährung betrachtet werden muss. Aus diesem Grund wird die Untersuchung von weiteren in Plastik verpackten Nahrungsmitteln gefordert.
E. Ist Mikroplastik schädlich für die Gesundheit?
In einer aktuellen Risikobewertung von 2016 kommt die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) zu dem Schluss, dass die direkte gesundheitliche Gefahr von Mikroplastik gegenüber den verwendeten Hilfsstoffen und anhafteten Schadstoffen als gering einzustufen ist. Denn Mikroplastik enthält durchschnittlich 4% technische Zusatzstoffe wie Weichmacher und Flammschutzmittel sowie weitere schädliche Giftstoffe, da die Kunststoffpartikel verschiedene andere Schadstoffe adsorbieren. Einige Kontaminanten, vor allem unpolare Stoffe wie Schwermetalle und POPs (persistent organic pollutants) können sich anreichern und in den lebenden Organismus übergehen. Bei POPs wie Dioxinen und PCBs kommt es zu einer Anreicherung entlang der Nahrungskette mit einer hohen Toxizität für den Menschen.
Nach derzeitigem Wissensstand kann von einer gesundheitlichen Gefahr durch anhaftende Kontaminanten und Additive ausgegangen werden.
Die Datenlage zur chemischen Zusammensetzung, der Partikelgröße und zur Konzentration von Mikroplastikpartikeln in Lebensmitteln sind im Augenblick nicht ausreichend, um daraus eine toxikologische Bewertung für die Risikoanalyse zu generieren.
Ein gesundheitliches Risiko von Mikropartikeln aus kosmetischen Mitteln ist laut BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) unwahrscheinlich, da aufgrund der Partikelgröße eine Aufnahme über die intakte Haut nicht zu befürchten ist.
F. Gibt es Höchstgehalte für Mikroplastik in Lebensmitteln?
Derzeit gibt es keine rechtlichen Regelungen für Mikroplastik als Lebensmittelkontaminante, da die Datenlage unzureichend ist. Für einige der anhaftenden Schadstoffe sind jedoch Höchstgehalte in der Kontaminantenverordnung (Verordnung EG Nr. 1881/2006) festgelegt.
G. Wie wird Mikroplastik analysiert?
Für die qualitative und quantitative Bestimmung von Mikroplastik werden zwei Methoden angewandt. Kleinste Plastikpartikel können mit FTIR- und Raman-Spektroskopie selektiv identifiziert werden. Die FTIR- (Fourier-Transformation-Infrarot-) Spektroskopie als Standardmethode bietet die Möglichkeit zwischen einzelnen Polymeren mit einer Partikelgröße bis 20 µm zu unterscheiden. Mithilfe von FTIR-Mikroskopen können sowohl einzelne Stellen der Probe als auch mehrere Spektren an verschiedenen Stellen einer größeren Oberfläche gleichzeitig mittels FTIR-Imaging aufgenommen werden. Bei dem häufig angewendeten Transmissionsverfahren werden die Plastikpartikel zur Messung auf ein Filtermaterial, beispielsweise Silikon oder Aluminiumoxid, aufgebracht. Anschließend erfolgt ein Abgleich mit Referenzproben aus einer Datenbank.
Die Raman-Mikroskopie bietet eine höhere Auflösung, wodurch die Identifizierung kleinerer Partikel bis 1 µm ermöglicht wird. Durch die Fluoreszenz der Proben können hierbei jedoch Schwierigkeiten auftreten.
Darüber hinaus kann die Pyrolyse- oder thermische Extraktion und Desorptions- Gaschromatographie mit gekoppelter Massenspektrometrie zur Identifizierung der vorkommenden Mikroplastikpartikel genutzt werden. Da die Polymere hierbei zerstört werden, kann keine Aussage über die Größe und Anzahl der Partikel getroffen werden.
H. Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Schadpotential von Mikroplastik noch nicht abschließend bewertet werden kann. Ein Übergang von Mikroplastik, sowie der Schadstoffe, die absorbiert werden, in Lebensmittel wird befürchtet. Daher sollten die Ursachen und Eintragspfade von Mikroplastik weiter untersucht und möglichst beseitigt werden.