Melamin - Industrieller Rohstoff und Stickstoffquelle
WAS IST MELAMIN ?
Melamin (1,3,5-Triamino-2,4,6-triazin) ist ein farbloses kristallines Pulver, zu dessen physikalischen Eigenschaften die Zersetzung beim Schmelzvorgang ab ca. 350 °C und die gute Löslichkeit in heißem Wasser zählen. Die drei reaktiven primären Aminogruppen sind die Ursache für eine Vielzahl chemischer Reaktionen. Nachdem Justus von Liebig im Jahre 1834 das heterocyclische aromatische Melamin erstmals aus Kaliumthiocyanat und Ammoniumchlorid herstellte, wird es heute technisch durch Trimerisierung, auch Polykondensation genannt, von Harnstoff gewonnen. Durch die Kopplung an die Harnstoffherstellung ist Melamin allerdings hauptsächlich ein industrielles Nebenprodukt. Melamin ist eine Verbindung, die sich über einen ungewöhnlich hohen Stickstoffanteil im Molekül auszeichnet.
WOZU WIRD MELAMIN VERWENDET ?
Melanin findet in der Industrie hauptsächlich Verwendung in hochwertigen Harzklebesystemen, Reinigungsmitteln, Polster- sowie Isoliermaterialien. Des Weiteren wird es in Düngemitteln eingesetzt und ist die Hauptkomponente im gelben Pigment 150, das zur Färbung von Kunststoffen und Tinten herangezogen wird.
Seit einigen Monaten häufen sich die Meldungen in den Medien und Behörden, wie dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), über unerlaubte Zusätze an Melamin in Futtermitteln, Reisproteinkonzentraten sowie Mais- und Weizengluten aus China und den USA. Aufmerksam auf diese Verbindung wurde man aufgrund rätselhafter Todesfälle von Katzen und Hunden in den USA, Kanada und Südafrika. Als Todesursache wurde Nierenversagen festgestellt, und die Analysen der verdächtigen Futtermittelproben ergaben den Nachweis von Melamin.
Für die Futtermittelindustrie ist das Melamin aufgrund des hohen Stickstoffanteils besonders interessant, da es bei minderwertigen Produkten einen höheren analytisch ermittelten Proteingehalt vorzutäuschen vermag. Dies steht damit in Zusammenhang, dass bei den Standardanalysenverfahren (z. B. Stickstoffgehalt nach Kjeldahl) der Proteingehalt über den ermittelten Stickstoffanteil berechnet wird. Die Tatsache, dass es als industrielles Nebenprodukt wesentlich günstiger als die gewünschten pflanzlichen Proteine ist, legt den Verdacht nahe, dass das Melamin den eingesetzten Einzelfuttermitteln absichtlich zugesetzt wurde, um einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen. Beispielsweise führt der Zusatz von einem Prozent Melamin bei der Berechnung zu einem ca. vier Prozent höheren, vorgetäuschten Rohproteingehalt.
ANALYTIK
Die Analyse des Melamins erfolgt per Gaschromatographie oder HPLC, wobei eine Untersuchung mithilfe von LC-MS/MS, also einer Kopplung von Flüssigchromatographie mit Tandem-Massenspektrometer, heutzutage vorrangig durchgeführt wird.
ZUR TOXIZITÄT VON MELAMIN
Aus amerikanischen Untersuchungen geht hervor, dass sich Melamin sowie dessen Desaminierungsprodukte Cyanursäure, Ammelin und Ammelid nicht im tierischen Gewebe anreichern, sondern bis zu 98% unverändert mit dem Urin zusammen wieder ausgeschieden werden. Melamin steht in Verdacht, massive Nierenschäden bei Hunden und Katzen verursachen zu können, allerdings ist bisher noch unklar, ob das Melamin selbst diese Schäden verursacht oder ob evtl. eine bisher nicht identifizierte weitere toxische Substanz die beobachteten Erkrankungsfälle hervorruft. Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU (Scientific Commitee on Food, SCF) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ermittelten für den menschlichen Organismus eine tolerierbare tägliche Aufnahme (TDI) von 0,5 mg Melamin und dessen Derivaten (Cyanursäure, Ammelid und Ammelin) pro kg Körpergewicht.
SÜSSWAREN (2007) Heft 9
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