“Humps” – Herausforderungen der chromatographischen Trennung

Um die Inhaltsstoffe und Zusammensetzung eines Lebensmittels ermitteln zu können, ist es das Ziel eines Analytikers, Substanzen voneinander zu trennen und zu quantifizieren. Eine Möglichkeit dazu bietet die Chromatographie.

Ein „normales“ Chromatogramm zeigt scharfe, gut voneinander getrennte und klar erkennbare Einzelsignale, auch Peaks genannt (s. Abbildung 1).


Abbildung 1 – Typisches Chromatogramm



Ein Maß dafür, wie gut zwei Peaks voneinander getrennt sind, ist die sogenannte „Auflösung“. Man versteht darunter das Verhältnis von Selektivität und Effizienz eines Systems zueinander. Die Selektivität gibt den Unterschied der Retentionszeiten zweier Komponenten an, d.h. je größer der Unterschied, desto besser die chromatographische Trennung. Die Effizienz einer Trennung beschreibt die Peakverbreiterung einer Komponente: Je schmaler der Peak, desto erfolgreicher ist die Trennung. Um die Auflösung zu beeinflussen kann beispielsweise die Länge der Trennsäule vergrößert werden. Dies führt zu einer größeren Anzahl der sog. theoretischen Böden. Die Theorie der Böden unterteilt dabei die Trennsäule in aneinandergereihte Abschnitte mit einer entsprechenden Höhe. Je geringer die Unterschiede der Retentionszeiten von Substanzen sind, desto mehr theoretische Böden werden zur Auftrennung benötigt. Demnach bewirken viele theoretische Böden eine hohe Auflösung. Über mathematische Modelle lässt sich ableiten, welche Trennstufenhöhen bestenfalls erreichbar sind und wo somit die Leistungsgrenzen einer Trennsäule liegen. Übliche Werte für die Anzahl der Böden sind in der Gaschromatographie 10.000, wodurch 200−500 Peaks getrennt werden können. In der Flüssigchromatographie sind Trennsäulen mit 6.000−15.000 Böden typisch, was in einer Trennung von 50−100 Peaks resultiert.

Einige Gas- und Flüssigchromatogramme zeigen hingegen keine scharf getrennten Peaks, sondern breite Hügel. Für solche Hügel wird der Begriff „hump“ oder auch „unresolved complex mixture“ (UCM) verwendet. Teilweise befinden sich auf „humps“ scharfe, aufgesetzte Peaks, die aufgelöste Substanzen darstellen (s. Abbildung 2).

Abbildung 2 – Charakteristischer „hump“ in einem Gaschromatogramm



Der Terminus „unresolved complex mixture“ wurde erstmals 1973 von Farrington und Quinn benutzt, um Chromatogramme von Sedimentextrakten des Narrangansett Bays in den USA zu beschreiben. Der Hügel setzt sich dabei aus Tausenden von Einzelsubstanzen zusammen, die aufgrund ihrer Vielzahl mit einfachen chromatographischen Methoden nicht getrennt und aufgelöst werden können. Dadurch wird eine Identifizierung und Quantifizierung erschwert bzw. unmöglich gemacht.

In der Flüssigchromatographie treten solche „humps“ z.B. bei der Analytik von schwarzem Tee auf und werden auch als „Thearubigenhügel“ bezeichnet. Die Thearubigene bestehen zum größten Teil aus Polyphenolen, die während der Fermentation gebildet werden. Schätzungen zufolge enthält eine Tasse Schwarztee mind. 30.000 verschiedene chemische Verbindungen. In der Komplexität der Zusammensetzung wird schwarzer Tee somit nur von Erdöl übertroffen. So zeigen sich in der Gaschromatographie aufgrund der Vielzahl enthaltener Komponenten ausgeprägte „humps“ insbesondere bei Chromatogrammen von Proben, die mit mineralischen Kohlenwasserstoffen kontaminiert sind. In Folge der Komplexität wird die Bestimmung von MOSH (mineral oil saturated hydrocarbons) und MOAH (mineral oil aromatic hydrocarbons) nicht als Einzelkomponentenanalytik durchgeführt, sondern es erfolgt mittels GC-FID (Gaschromatographie gekoppelt mit Flammnenionisationsdetektion) eine Quantifizierung als Summe aller Komponenten, indem der gesamt Hump von Talpunkt zu Talpunkt integriert wird.

Geht man bei den möglichen mineralischen Kohlenwasserstoffen beispielsweise von einer Kohlenstoffanzahl von 40 aus, sind aufgrund der unterschiedlichen Verknüpfungsmöglichkeiten theoretisch über 60 Billionen verschiedene Konstitutionsisomere möglich. Setzt man also hypothetisch voraus, dass eine Fraktion aus diesen 60 Billionen Einzelverbindungen besteht und alle Verbindungen in gleicher Konzentration vorliegen, ergibt sich bei einem realen MOAH-Gehalt von 0,6 mg/kg für jede Einzelsubstanz ein fiktiver Gehalt von 1*10-18 mg/kg, also 10-3 Femtogramm bzw. einem Attogramm Einzelverbindung pro Kilogramm Probe.

Die Analytik zur Bestimmung von MOSH und MOAH als Summenparameter wurde im LCI erfolgreich entwickelt und validiert und kann im Schwesterinstitut, dem Institut für Qualitätsförderung in der Süßwarenwirtschaft e.V. in Köln, IQ.Köln, in Auftrag gegeben werden.
Im Zuge der Entwicklung moderner Analysenmethoden wie z.B. der zweidimensionalen Gaschromatographie gekoppelt mit Flugzeitmassenspektrometrie (GCxGC-TOF-MS) oder der Fouriertransformations-Ionenzyklotron-Resonanz-Massenspektrometrie (FT-ICR-MS) können jedoch immer höhere Auflösungsvermögen erreicht werden. Dadurch konnte die Zusammensetzung der UCM teilweise aufgeklärt werden. Das Vorhandensein von UCM kann jedoch in der weniger aufwendigen, niedrigauflösenden Chromatographie als Screening-Tool genutzt werden, um Proben auszumachen, die komplexe Gemische an mineralischen Kohlenwasserstoffen enthalten und weiteren Analysen bedürfen.