Fremdfette in Schokolade - Aus dem Blickwinkel des Analytikers
Fremdfette in Schokolade – ja oder nein? Dies ist ein brisantes Dauerthema im Schokoladenbereich seit über zwei Jahrzehnten. Konkret geht es um die Frage:Soll es zukünftig zulässig sein, Schokoladen gegebenenfalls bis zu 5% eines anderen pflanzlichen Fettes über den jeweiligen Kakaobuttermindestgehalt hinausgehend zusetzen zu dürfen? Eine einheitlich harmonisierte Regelung für alle EU-Länder in dieser Frage steht immer noch aus. Ein Grund hierfür war unter anderem die von manchen Seiten geforderte genaue analytische Nachweisbarkeit eines solchen 5%-Zusatzes, nicht nur qualitativ, sondern vor allem auch quantitativ.Das LCI hat sich mit dieser schwierigen Problematik schon immer sehr intensiv und schwerpunktmäßig beschäftigt. Erst in den letzten Jahren wurden im Rahmen einer hier durchgeführten Doktorarbeit mit modernsten analytischen Verfahren die gegenwärtigen Möglichkeiten und Grenzen aufs Neue ausgelotet. Die häufig gestellte Frage "Sind 5% Pflanzenfett in Schokolade sicher zu bestimmen?" lässt sich leider nicht so einfach beantworten. Warum nicht?
Es hängt ganz einfach von der Komplexizität der Fettmatrix ab, das heißt, welche Fette in der Schokolade, sowohl als Basis als auch als eventueller Fremdfettzusatz, vorhanden sind. Jede Fettart weist aufgrund naturgegebener Einflüsse eine gewisse Bandbreite in ihrer chemischen Zusammensetzung sowohl hinsichtlich ihrer Triglyceride und Fettsäuren wie auch der Fettbegleitstoffe auf. Dies gilt auch für Kakaobutter, Milchfett und alle Nussöle, die Fette, die je nach Schokoladenart die Hauptbestandteile der Fettmatrix bilden.
Hierzu kommt bei "Fremdfettzusatz" noch eine weitere Komponente in Form eines sogenannten CBEs (Cocoa Butter Equivalents) oder CBS (Cacao Butter Substitute) hinzu.
Für den Analytiker stellt sich nun das Problem, in einem solch komplexen System nicht nur die einzelnen Komponenten sicher zu identifizieren, sondern diese dann auch unter Berücksichtigung aller möglichen natürlichen Schwankungsbreiten der Einzelkomponenten zu quantifizieren. Analytisch sind diesbezüglich immer mehrere High-Tech-Analyseverfahren zu kombinieren, die es ermöglichen, sowohl Feinstauftrennungen wie auch Bestimmungen von charakteristischen Begleitsubstanzen im Spurenbereich durchzuführen.
Die Auswertung der so gewonnenen Fülle von Analysendaten in Form von Berechnungsmodellen ist nur noch mit speziellen Rechenprogrammen möglich. Je mehr Fettkomponenten in einer Schokolade vorhanden sind und je ähnlicher sich die einzelnen Fett-Typen sind, umso unschärfer wird zwangsläufig die mögliche Aussage. Liegen die eingesetzten Fette bzw. das eingesetzte Fremdfett als Referenzsubstanz vor, so lässt sich diese Unschärfe erheblich reduzieren.
In vielen Fällen kann eine Fremdsubstanz durchaus auf +/- 0,2% ermittelt werden. Allerdings gibt es auch nicht wenige Fälle, in denen die Genauigkeit deutlich eingeschränkter ist. Fremdfettanalytik in Schokolade gehört sicherlich zu den anspruchsvollsten Bereichen der Lebensmittelanalytik und kann, wie am LCI, nur durchgeführt werden, wenn neben der technischen Ausstattung auch das theoretische Know-how aus dem Schokoladen- und speziellen Fettbereich vorhanden ist. Erst hierdurch lassen sich die technischen Möglichkeiten der modernen Analytik optimal ausnutzen. Das LCI wird auf diesem Gebiet auch weiterhin am Puls des Geschehens bleiben.
SÜSSWAREN (1998) Heft 6
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