Deoxynivalenol - Weltweit bedeutendste Mykotoxinkontaminate
Das Mykotoxin Deoxynivalenol (auch kurz DON genannt) gehört zur Gruppe der sog. Typ-B-Trichothecene (vergleiche hierzu auch LCI-Focus 09.2005: Was sind eigentlich Fusarien-Toxine). Hierbei handelt es sich um eine äußerst umfangreiche Gruppe von über 170 Mykotoxinen, deren wesentliches Charakteristikum ein zyklisches Sesquiterpengerüst mit einem Epoxyring darstellt (siehe Abbildung). Wie die meisten Mykotoxine ist auch DON äußerst stabil gegenüber Lagerung, technologischer Verarbeitung und der Einwirkung höherer Temperaturen. DON wird vor allem von Schimmelpilzen der Gattung Fusarium spp., insbesondere Fusarium graminarium und Fusarium culmorum gebildet. Das Mykotoxin wurde erstmalig 1972 in Japan aus verschimmelter Gerste isoliert.
Entstehung und Vorkommen
Aufgrund der Häufigkeit des Vorkommens und der gefundenen Konzentrationen gehört DON zu den weltweit wichtigsten Mykotoxinkontaminanten. Die für die Mykotoxinbildung verantwortlichen Schimmelpilze bevorzugen vor allem gemäßigte bis kühle Klimate, so dass das Mykotoxin überwiegend auf einheimischen Getreidearten wie Weizen und Mais zu finden ist. Selten kommt es in Gerste, Hafer und Roggen vor. Die Gehalte können jedoch von Jahr zu Jahr, von Region zu Region und sogar von Feld zu Feld sehr unterschiedlich sein. Insbesondere feuchtwarme Witterung während des Anbaus und Lagerung von Getreide mit hohen Wassergehalten begünstigen die Mykotoxinbildung. Außerdem konnten auch in Lebensmitteln auf Getreidebasis wie Brot, Nudeln und Bier, aber auch in Ölsaaten wie Sonnenblumenkernen, Cashew, Mandeln etc. positive Befunde des Toxins festgestellt werden. Bei Ganzkornprodukten muss mit einem höheren DON-Gehalt gerechnet werden, da sich DON vorwiegend in den äußeren Schalenschichten der Getreidekörner anreichert. Im Rahmen eines im LCI in der Vergangenheit durchgeführten Forschungsprojektes konnte gezeigt werden, dass DON in Kakao und kakaohaltigen Erzeugnissen praktisch nicht vorkommt.
Toxikologie und Gesetzgebung
Fusarientoxine sind toxikologisch von besonderer Bedeutung, da sie sowohl bei Tieren als auch beim Menschen gesundheitliche Schäden verursachen können. Die Typ-B-Trichothecene, zu denen auch DON zählt, gelten als wirksamste derzeit bekannte Hemmstoffe der Proteinbiosynthese. Darüber hinaus führt DON schon in geringer Dosierung zu Futterverweigerung. Wegen des ausgelösten Brechreizes wird es darum auch als Vomitoxin (lat. vomito: sich erbrechen) bezeichnet und bewirkt folglich beim Tier mangelhaftes Wachstum. Die chronische Aufnahme kleiner Mengen an Trichothecenen führt zu erhöhter Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten infolge der Unterdrückung des Immunsystems. Aufgrund der Ergebnisse verschiedener Tierversuche kann ein cancerogener und teratogener Effekt von DON jedoch ausgeschlossen werden. DON ist aufgrund diverser Studien als akut toxisch einzustufen.
Aufgrund ihrer unumstrittenen toxikologischen Relevanz wurden mit der Verordnung (EG) Nr. 856/2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 466/2001 in Bezug auf Fusarientoxine vom 06.06.2005 (Amtsbl. Der Europäischen Union Nr. L 143/3, 2005) europäisch einheitliche Höchstgehalte für DON und andere Fusarientoxine festgeschrieben. In Speisegetreide, Mehl und Teigwaren ist hier ein Höchstwert für DON von 750 µg/kg festgeschrieben. Für Brot und Backwaren darf ein Wert von 500 µg/kg nicht überschritten werden und in Getreideerzeugnissen zur Herstellung von diätetischen Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder muss ein DON-Gehalt von 200 µg/kg eingehalten werden.
Analytik
Um die Einhaltung dieser Höchstwerte entsprechend prüfen zu können, ist ein anspruchsvolles analytisches Know-how unabdingbar. Im Bereich der Mykotoxin-Analytik ist die Methode der Wahl die Hochleistungs-Flüssigchromatographie mit anschließender Fluoreszenz-Detektion. Da DON keine Eigenfluoreszenz aufweist, ist hierfür eine Post-column-Derivatisierung, bei der aus dem DON-Molekül unter Alkalieinfluss Formaldehyd abgespalten und dieses im Rahmen der sog. Hantzsch-Reaktion in eine fluoreszierende Verbindung überführt wird, erforderlich. Zuvor muss das Mykotoxin mit Hilfe spezieller Immunoaffinitätssäulen sorgfältig isoliert werden. Mit der im LCI entwickelten Methode lassen sich DON-Gehalte bis 7 µg/kg noch sicher nachweisen.
SÜSSWAREN (2005) Heft 10
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