Aflatoxine - ganz natürliche Gifte



Obwohl Aflatoxine zu den stärksten Toxinen natürlichen Ursprungs in unseren Breitengraden gehören, begann ihre Geschichte erst relativ spät, genau gesagt im Jahre 1960 in England. Auf die Spur kam man ihnen erst, als man die Ursache für ein Massensterben von Truthähnen in englischen Geflügelfarmen erforschte und als Verursacher Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen auf verschimmeltem Erdnussmehl, das als Futtermittel verfüttert wurde, identifizierte. Den Namen erhielten sie in Anlehnung an den Pilz Aspergillus flavus, der diese Substanzen – ebenso wie Aspergillus parasiticus – als sekundäre Stoffwechselprodukte unter optimalen Wachstumsbedingungen in das Substrat ausscheidet, auf dem er wächst.

Voraussetzung für eine Aflatoxinbildung bei mit Schimmelpilzen kontaminierten Lebensmitteln ist ein Temperaturbereich von ca. 22–35 °C und ausreichende Feuchtigkeit. Da diese Bedingungen in wärmeren, tropischen Gebieten naturgemäß die Regel sind, gehören landwirtschaftliche Produkte aus diesen Breiten wie z. B. Erdnüsse und Pistazien, Getreide, Gewürze, Feigen und andere, diesbezüglich zu den gefährdetsten Rohstoffen für die Lebensmittelherstellung. Dies gilt vor allem dann, wenn die Ernte und Lagerbedingungen in diesen Ländern aus Kosten- oder Hygienegründen nicht sachgerecht waren.

Die wichtigsten Aflatoxine sind die als B1, B2, G1, G2 sowie M1 und M2 bezeichneten Verbindungen, die sich in ihrer chemischen Struktur geringfügig unterscheiden, aber alle aus einem Dihydrofurofuran- bzw. Tetrahydrofurofuran-Ringsystem, das an ein substituiertes Cumarinsystem ankondensiert ist, bestehen. Hierbei sind die B- und G-Aflatoxine originäre Pilztoxine, während die Aflatoxine M1 und M2 erst durch Verstoffwechselung von B1-und B2 -haltigem Futter – wie z. B. kontaminiertem Getreide – im tierischen Organismus aus diesem metabolisiert werden und dann auch in die Milch übergehen können. Aus diesem Grund sind Untersuchungen auf M-Aflatoxine für die Beurteilung von Milchprodukten – insbesondere in konzentrierter Form wie z. B. Milchpulver – von großer Bedeutung.

Unter toxikologischen Gesichtspunkten ist besonders das Aflatoxin B1 hervorzuheben. Es ist das am häufigsten vorkommende und zugleich das mit der höchsten Toxizität. Seine Gefährlichkeit liegt darin, dass es das stärkste bisher bekannte genotoxische Carcinogen darstellt und bei häufiger subletaler (chronischer) Aufnahme zu schweren Leberschäden bis hin zu Leberkrebs führen kann.
Unter dem Gesichtspunkt dieser extrem hohen Toxizität stellt sich im Nachhinein natürlich die Frage, warum diese Substanzen erst relativ spät entdeckt wurden. Dies lag einfach daran, dass, von Extremfällen wie in England des Jahres 1960 abgesehen, zwischen Ursache und Wirkung, bis dahin kein direkter Bezug herzustellen war. Zudem war ferner wegen den äußerst geringen Konzentrationen, in denen die Aflatoxine durchaus auch bei starkem Schimmelbefall vorkommen können, eine chemische Isolierung und Identifizierung mit den damaligen analytischen Möglichkeiten bis dato praktisch nicht möglich.

Heute sind mit den Möglichkeiten der modernen Analytik diese relevanten Konzentrationen im Mikrogramm-Bereich (µg/kg) in der Regel problemlos qualitativ und quantitativ zu ermitteln. Die Methode der Wahl in der Aflatoxinanalytik ist z. Zt. die Hochdruck-Flüssigchromatographie mit Nachsäulenderivatisierung und fluoreszenzchemischer Detektion. Zuvor müssen die Aflatoxine jedoch mit Hilfe spezieller Immunoaffinitätssäulen sorgfältig isoliert werden. Nach diesem Verfahren sind die fünf wichtigsten Aflatoxine B1, B2, G1, G2 und M1 mit einer Bestimmungsgrenze von jeweils 0,04 µg/kg Lebensmittel sicher zu erfassen. So ist die Einhaltung der in der Mykotoxinverordnung für diese Aflatoxine festgelegten Höchstgehalte bei entsprechendem analytischem Know-how relativ problemlos zu überprüfen.

SÜSSWAREN (1999) Heft 3

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